Boomslang! (Sing meinen Song 8)
Dauernd werde ich gefragt: habt ihr da in Grootbos wirklich so viel Spaß, wie man denkt? Oder musstet ihr in Wirklichkeit die ganze Zeit arbeiten?
Die Wahrheit ist: wir arbeiten die ganze Zeit UND haben die ganze Zeit Spaß. Ja, so ungefähr alles, was wir machen, wird gefilmt, und ja, das fühlt sich irgendwie nach Arbeit an aber hey… Jeepfahren! Und das Magische ist ja, man gewöhnt sich an die absurdesten Sachen. Und wenn man lange genug beim Spaß haben gefilmt wird, dann gewinnt, erstaunlicherweise, der Spaß. Wahrscheinlich, weil kein Mensch so lange drüber nachdenken kann, wie er aussieht, sondern irgendwann denkt: hey, ein Billardtisch. Heyyyy, ein Sonnenuntergang. Heyyyy, eine Schlange.
EINE SCHLANGE???
Am vierten Tag entdecken wir – und das leider, als uns mal ausnahmsweise keiner filmt, – eine hochgiftige Schlange im Baum auf der Frühstücksterrasse. Über einen Meter lang und unbescheiden grüngelb geringelt.
Eine Boomslang sei das, klärt man uns auf, nachdem wir zaghaft bei einem lässig vorbeischlendernden Gärtner angezupft haben. Die Schlange mit dem wohl coolsten Namen der Welt, saugiftig, wie gesagt, aber doch relativ harmlos, weil sie die Zähne so weit hinten im Kiefer trägt, dass man ihr quasi den kleinen Finger in den Rachen schieben muss, damit sie einen beißen kann. Dutzi dutzi.
Trotzdem.
EINE SCHLANGE!!!
Etwa eine Stunde lang schleichen wir – hauptsächlich Rea und ich – giggelnd um den Baum herum, und machen Fotos. Die Fotos sind dabei mehr so als Vorwand für das Giggeln und Schleichen zu sehen, aber jetzt bin ich froh, dass ich sie habe. Die Schlange hängt derweil schlangenmäßig ab, dekorativ und schambefreit, und legt sich zwischenzeitlich, wie um ihr Publikum zu unterhalten, mit zwei aufgebrachten Vogeleltern an, die sie offensichtlich von ihrem unsichtbaren Nest fernhalten wollen.
Vielleicht ist es die südafrikanische Sonne, die uns die Synapsen schon arg angebrutzelt hat, vielleicht die unwirkliche Schönheit dieser ganzen Reise, die uns in schlangen- und todesverachtender Grandiosität immer näher rangehen lässt. Wir schleichen und knipsen und giggeln, und sind dabei, ganz im Geiste dieser ganzen Veranstaltung, ein ganz kleines Bisschen zu entspannt. Bis die erste einheimische, weibliche Hotelangestellte die Schlange erblickt und mit einem riesigen Satz zurück ins Haus springt, „Ohmahgawd, Ohmagawd!!!!“ schreiend. Hmmm. Vielleicht gehen wir auch mal ein kleines Stückchen weiter weg?
Auftritt: Ranger.
Als nächstes betritt ein khakibehoster, kerniger Ranger, stylemäßig irgendwo zwischen Crocodile Dundee und alterndem Skaterbub, die Frühstücksterasse. „Well, you´ve strayed a bit faaaah from hooome, haven´t you?“ fragt er die Schlange. Und erklärt: doch, doch, die wohnt hier, aber eigentlich halt im (zwei Meter entfernten) Gestrüpp im Durchgang zu unseren Unterkünften (Aha?) und halt nicht auf der Frühstücksterasse (Ah?).
Beherzt greift er mit einer nur mit einem Gartenhandschuh geschützten Hand (Äh?) in den Baum und schüttelt einmal kräftig am Stamm. Die Schlange schimpft unflätig in der Stimme von Kaa aus dem Dschungelbuch und zischelt dann ziehharmonisch ab ins Unterholz, schneller als wir gucken können. Boomslang!
In den nächsten Tagen, als die Kühnheit verfliegt, habe ich Schlangenflashbacks und gedenke immer wieder schaudernd der Boomslang und ihrer Hinterkieferzähne. „Ohmagawd, Ohmahgawd!“ schreie ich dann, zusammenhangslos, während der Aufzeichnung auf dem Sofa. Muss alles rausgeschnitten werden.