

Notizen aus der Versenkung/ Kreuzberg (13)… Pam, Pam -Papadaaaaaam!!!
Ich liege mit geschlossenen Augen im Gras am Ufer vor dem Urban Krankenhaus und genieße die Herbstsonne. Um mich herum: sanftes Stimmengewirr in geschätzten siebenundvierzig Sprachen. Wir Berliner, so wie auch die Touristen, schätzen die Sonne sehr. Wenn welche da ist, dann ziehen wir uns nackt aus und legen uns regungslos auf den Boden, aus Angst, sie zu verschrecken. Und Berlin versucht ja immer, auf den letzten Metern seine vergrützten Sommer wieder wettzumachen. Letzten November saß ich im T –Shirt auf dem Balkon. Jetzt ist es September und der Sommer geht erst richtig los. Und so liege ich nun hier, kinder- und arbeitsfrei, auf dem Rasenstück zwischen Urban Krankenhaus und Landwehrkanal und genieße im Kollektiv die Sonnenstrahlen, angenehm eingenebelt vom Kiffgeruch von mindestens drei Parteien im Umkreis von etwa drei Metern.
Papadaaaaaaaaaaaam!!! Schreit es plötzlich direkt neben meinem Ohr. „PaaaaaaaapadAAAAAAAMMM!!! Um mich herum wird sich aufgesetzt, aber ich stelle mich tot. Wenn ich nicht schon so lange hier wohnen würde, ich hätte, so wie wohl auch die Umsitzenden, darauf getippt, dass einer der Bewohner der geschlossenen Station vom Urban sich ans Ufer verirrt hätte. Kommt auch oft genug vor. Aber Nein, diesen Schreihals kenne ich, seit ich hier wohne, also seit mindestens zehn Jahren. Der Mann, der uns da so anschreit, möchte uns indische Brot –Fladen verkaufen. Und obwohl man sich wahrscheinlich fragen sollte, ob er nicht im Urban besser aufgehoben wäre, habe ich eine andere Theorie, die ich weitaus unsympathischer finde. Ich glaube, dass jener Borderline- Inder seit zehn Jahren versucht, sich mit seinem Geschrei als „Berliner Original“ zu positionieren, und damit, ähnlich wie die benachbarte Admiralbrücke, in die Reiseführer zu kommen und damit letztendlich sein Geschäft zu beleben. Clevere Idee, eigentlich, nur: ich spüre die Absicht und bin verstimmt. Verstimmt bedeutet in diesem Fall: ich möchte zwei riesige Gongs aus meinen Taschen ziehen und Herrn Papadaaaam mit einem laut scheppernden, contrapunktischen PAMMPAAAMMM!!! über dem Kopf zusammenschlagen*.
* Wer sich das bildlich nicht so gut vorstellen kann, bitte hier klicken für die Muppet Show –Folge, in der Rita Moreno versucht,„Fever“ zu singen, begleitet von einem übermotivierten Animal am Schlagzeug. Das macht auch ordentlich „Papadaaaaam!!! Und ich sag nur: die Frau weiß einen Schreihals auf seinen Platz zu weisen.